Standeskommision
Jahresbericht 2023/2024 der Standeskommission
Im vergangenen Geschäftsjahr 2023/2024 wurden fünf neue Anzeigen bei der Standeskommission eingereicht. Aus dem vorletzten Jahr sind noch sieben Verfahren hängig, was eine Geschäftslast von zwölf Fällen ergibt. Innerhalb der Berichtsperiode wurden fünf dieser Verfahren abgeschlossen. Weiterhin sistiert bleiben jeweils ein Verfahren aus den Jahren 2018/2019, 2021/2022 und 2022/2023, da die parallel laufenden zivil- und/oder strafrechtlichen staatlichen Prozesse noch nicht abgeschlossen sind. Die Anzahl der hängigen Anzeigen per 1. Juli 2024 beläuft sich auf sieben.
Entwicklung der behandelten Fälle
Vorjahr | Neu | Erledigt | Hängig | |
30.6.2022 | 7 | 7 | 9 | 5 |
30.6.2023 | 5 | 11 | 9 | 7 |
30.6.2024 | 7 | 5 | 5 | 7 |
Im Rahmen der fünf per Entscheid abgeschlossenen Verfahren stellte die Standeskommission lediglich in einem Fall eine Verletzung der Standesregeln fest: Konkret wurde ein Mitglied für schuldig befunden, grobfahrlässig gegen Art. 3 Abs. 1 und 4, Art. 4 sowie Art. 7 Abs. 1 und 2 der Standesregeln verstossen zu haben. Das betroffene Mitglied hatte die Anzeigeerstatterin nicht gewissenhaft genug beraten, insbesondere fehlte eine ausreichende Risikoaufklärung über die Gefahren von nicht gerechtfertigten Privataufwendungen, die als Geschäftsaufwand verbucht wurden. Dies führte zu steuer- und strafrechtlichen Risiken für die Anzeigeerstatterin und schadete folglich auch dem guten Ruf des Berufsstands. Ferner hat das Mitglied gegen die ihm obliegende Unabhängigkeit verstossen, da es selbst in die Buchführung der Anzeigeerstatterin involviert war, ohne die erforderlichen organisatorischen und personellen Massnahmen zu ergreifen, um eine Selbstprüfung als Revisionsstelle zu verhindern. Letztlich wurde das Mitglied auch verurteilt, seine Aufklärungs- und Informationspflichten gegenüber der Anzeigeerstatterin nicht ausreichend erfüllt zu haben.
In den übrigen behandelten Verfahren wurden entweder keine Verstösse gegen die Standesregeln festgestellt oder die eingereichten Anzeigen konnten aus formellen Gründen nicht weiterverfolgt werden.
Die Entwicklungen des Berichtsjahres 2023/2024 bestätigten die im Vorjahr prognostizierten Trends. Die Anzahl der eingereichten Anzeigen hat sich auf einem stabilen Niveau eingependelt, allerdings zeigt sich eine deutliche Zunahme der Komplexität der Fälle. Die Fälle beinhalten häufig mehrere mutmassliche Verstösse gegen die Standesregeln und erfordern sowohl von Seiten der Anzeigeerstatter, als auch von Seiten der Mitglieder eine umfangreichere Dokumentation. Die verstärkte Inanspruchnahme einer rechtlicher Vertretung durch die Anzeigeerstatter, als auch in der Konsequenz durch die betroffenen Mitglieder hat die juristische Komplexität der Verfahren weiter erheblich erhöht. Obwohl dies den Verfahrensablauf verkompliziert und zusätzlichen Formalismus erfordert, zeigt es zugleich das Bestreben der Mitglieder, den rechtlichen Rahmen und die Standesregeln gewissenhaft zu wahren.
Nach dreizehnjähriger Tätigkeit zu Gunsten der Standeskommission stellt sich in diesem Jahr Thomas Ernst, Revigroup Lugano SA, nicht mehr für eine neue Amtsperiode zur Verfügung. Thomas Ernst wurde anlässlich der Delegiertenversammlung vom 29. November 2011 als Mitglied der Standeskommission gewählt und hat seither die Weiterentwicklung der Standes- und Verfahrensregeln massgeblich geprägt. Als eidg. dipl. Experte in Rechnungslegung und Controlling, Treuhandexperte und Immobilien-Treuhänder war seine Stimme als Praktiker in den Urteilsberatungen von unschätzbarem Wert. Ich danke Thomas im Namen der Standeskommission herzlich für seinen Einsatz zu Gunsten unserer Berufsorganisation und wünsche ihm für die Zukunft alles Gute!
Abschliessend danke ich allen Mitgliedern der Standeskommission für die gewissenhafte und speditive Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Ein herzlicher Dank gilt zudem unserer scheidenden Präsidentin Daniela Schneeberger, dem gesamten Zentralvorstand und allen Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle für die Unterstützung der Arbeit der Standeskommission und für das Engagement zu Gunsten des Verbands.
Stephan Glättli, Präsident Standeskommission
SRO
Selbstregulierungsorganisation (SRO)
Die Selbstregulierungsorganisation (SRO) zählt per 30. Juni 2024 301 Mitglieder. Wie im letzten Jahresbericht bereits erwähnt, müssen sich Finanzintermediäre, die unter anderem auch als Vermögensverwalter oder Trustee tätig sind, einer Aufsichtsorganisation (AO) unterstellen. Die entsprechende Umsetzung hätte bis spätestens Ende 2022 erfolgen müssen, verzögerte sich jedoch, weil zahlreiche Vermögensverwalter und Trustees noch auf die Bewilligung der FINMA für die Aufnahme in eine Aufsichtsorganisation wartete. Entsprechend verblieben diese während der Berichtsperiode bei der SRO. Anschliessend konnte der Übertritt per sofort in eine AO erfolgen. Dies hat neben den natürlichen Abgängen einen gewichtigen Einfluss auf die sinkende Mitgliederzahl.
Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die SRO mit weniger Einnahmen rechnen muss, währenddessen die laufende Aufsicht aufgrund der Vorgaben der FINMA immer mehr Aufwand generiert. Es ist daher unausweichlich, dass die Mitgliederbeiträge erhöht werden – zumal die bisherigen Jahresbeiträge im Vergleich zu anderen SRO weiterhin tief sind. Gleichzeitig müssen Kosten, die aufgrund der verschärften Praxis der FINMA zusätzlich anfallen, gemäss dem Verursacherprinzip auf die betroffenen Finanzintermediäre abgewälzt werden. Dies gilt für die periodische Nachidentifikation sowie für die laufende Prüfung im Zusammenhang mit der benötigten Gewähr für die Kontaktpersonen gemäss GwG und für die Entscheidungsträger der Finanzintermediäre.
Im Rahmen der Fachtagung für Vermögensverwalter und Trustees hat Stefan Walter, der neue Geschäftsführer der FINMA, seine Vision der Aufsicht erläutert. Er fordert für die Zukunft eine präventive Aufsicht und will die Schweiz als «best in class» etablieren. Dies bedeutet, dass eine allfällige Sorgfaltspflichtverletzung der angeschlossenen Finanzintermediäre erkannt werden soll, bevor eine solche vorliegt und sanktioniert werden muss.
Die Geschäftsstelle ist durch all diese Veränderungen stark gefordert, und die Fachkräfte der SRO müssen entsprechend geschult werden. Diese Aufgabe gewinnt neben der Schulung der Finanzintermediäre an Gewicht.
TJPG (Gesetz über die Transparenz juristischer Personen)
Der Entwurf des TJPG enthielt im Anhang eine Änderung des Geldwäschereigesetzes (GwG), das mit dem Zweck der Schaffung eines Transparenzregisters für die wirtschaftlich berechtigten Personen nichts zu tun hat. Diese Änderungen im GwG würden aber schwerwiegende und zum Teil nicht umsetzbare Neuerungen mit sich bringen – vor allem die Unterstellung von Beraterinnen und Beratern unter das GwG und die Einschränkung der Sanktionskompetenz der SRO. Die SRO hat im Rahmen der Vernehmlassung eine entsprechende Stellungnahme verfasst, um zu verhindern, dass die Stellung der SRO geschwächt wird. Mit der Infragestellung der Sanktionskompetenz der SRO, die zum Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF übergehen soll, würde nämlich die gesamte SRO-Landschaft substantiell geschwächt. Dies wäre besonders unglücklich, weil die FATF/GAFI (Financial Action Task Force on Money Laundering) das Konzept der SRO endlich akzeptiert hat.
Aktuell wird das Transparenzgesetz ohne den Anhang GwG (Beraterpflichten) im Parlament behandelt.
FATF/GAFI Länderinspektion
Die Länderinspektion durch die FATF/GAFI ist für das Jahr 2027 vorgesehen. Das SIF fungiert als Koordinationsstelle und wird über das SRO-Forum die Erwartungen an die SRO offenlegen. Da die FATF/GAFI die unterschiedlichen Sanktionshöhen der verschiedenen SROs nicht nachvollziehen kann, wird seitens des SIF eine Vereinheitlichung der Sanktionen angestrebt, die sich auf eine fundierte gesetzliche Grundlage stützt. Auch die SRO-TREUHAND|SUISSE musste dem SIF eine Statistik der bereits verhängten Sanktionen unterbreiten. Eine Rückmeldung des SIF blieb bisher aus.
Ausblick
Zurzeit ist die Revision des GwG, welche vor allem die Unterstellung der Berater unter das GwG beabsichtigt, auf Eis gelegt. Das Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen (Gesetz über die Transparenz juristischer Personen; TJPG) wird jedoch weiterverfolgt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Herausforderungen an die SRO sowie an deren Mitarbeitenden erheblich zunehmen werden. Aufgrund der Erwartungen des FATF/GAFI, der FINMA sowie des SIF müssen sich die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle sowie die Finanzintermediäre fortlaufend weiterbilden.